Über das Ende

Kein Investor weit und breit – das Ende für "Gertrud"

Zechau. Vor zehn Jahren liefen die Pressen in der Zechauer Brikettfabrik ,,Gertrud" zum letzten Mal. Aber es gab Hoffnung. Immerhin sollte die 1899 errichtete Fabrik als einzigartiges Industriedenkmal erhalten bleiben und zu einer touristischen Attraktion werden. Doch aus der mit rund 20 Millionen Mark genährten Euphorie wurde Katzenjammer. Kein Investor wollte die Fabrik, und so wurde es ein schwarzer Jahrestag: Die Abrissbagger arbeiten wieder.Von dem zumindest verhaltenen Optimismus, den der Altenburger CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sonntag nach seiner Wahl zum Chef des Fördervereines Technisches Museum im vergangenen Jahr noch ausstrahlte, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Ja, zumindest sei eine ABM-Stelle zur Museumsbetreuung bis zum Jahresende gesichert. ,,So kann der Betrieb, wenn auch eingeschränkt, in diesem Jahr weitergehen", erklärte Sonntag. Aber wer soll schon noch kommen...Auf dem riesigen Areal herrscht gähnende Leere - bis auf die Abrissbagger, die derzeit im Auftrag der Lausitzer- und Mitteldeutschen Bergbauverwaltung (LMBV) die ehemaligen Kohlebunker und somit ein weiteres Stück in dem einst als komplett erhaltungswürdig eingestuften Industriedenkmals platt machen. ,,Es ist richtig, dass es uns nicht gelungen ist. potenzielle Investoren nach Zechau zu locken. Die bis Mitte März befristete Wartezeit der LMBV für die Abrisse ist verstrichen", gibt Sonntag zu. Ein Mitglied des Fördervereines aus den alten Bundesländern mit sehr guten Kontakten habe intensiv versucht. ein Unternehmen dafür zu gewinnen, in einer der Hallen von Zechau Produktion anzusiedeln. ,,Das sollte die Keimzelle für weitere Ansiedlungen, wie Gastronomie und Freizeitangebote sein und das Museum mit tragen", umschreibt Sonntag den letzten Einfall auf der langen Liste der Rettungsideen.Denn die Suche ist gescheitert. Als ,,Totschlagargument" bezeichnete Sonntag die nötigen Sanierungskosten. Die liegen nach OVZ-Informationen bei rund 25 Millionen Mark. Hiobsbotschaften kommen auch aus dem Bergamt: Der Untergrund rund um ,,Gertrud" weist große Hohlräume auf. die vom früheren Bergbau herrühren. Eine Bebauung würde schwer, wenn nicht gar unmöglich.Sonntag muss sich wie ein einsamer Kämpfer v o r k o m m e n: ,,Auch meine Parteifreunde haben mich sitzen gelassen", grollt er und spielt auf den mit den CDU-Kreistagsstimmen gestrichenen 20 000-Mark-Zuschuss für dieses Jahr an. Dieser Rückzug veranlasste prompt auch die Verwaltungsgemeinschaft Rositz. ihre 10 000 Mark zu streichen. Selbst die letzten engagierten Mitstreiter im Förderverein resignieren. Auf der jüngsten Sitzung war die Runde nicht einmal beschlussfähig so wenig waren noch gekommen. Mittlerweile geht es wohl nur noch um Schadensbegrenzung. Der Verein der Kohlebahnfreunde hat den Antrag gestellt, die Schienenfahrzeugtecbnik aus Zechau zu übernehmen. Sie soll in Meuselwitz ausgestellt und so vor dem Schneidbrenner bewahrt werden. Vereinschef Dr. Karsten Waldenburger bestätigte den Vorstoß. Es fehle nur das o.k. vom Landratsamt - eine Formalie. Sonntag will dennoch weitere Gespräche führen und hofft, dass einige oder wenigstens ein Gebäude erhalten bleiben, um die alte Technik auszustellen. Denkbar sei aber auch ein anderer Standort. Vor allem bleibt aber Frust: ,,Wir haben bis fünf nach zwölf erfolglos gesucht und nun schmerzt es, mit ansehen zu müssen, wie Stück für Stück abgerissen wird." Riesen-summen. die über den zweiten Arbeitsmarkt ausgegeben wurden, seien ,,letztlich für die Katz gewesen. Dabei sah die Zukunft vor zehn Jahren recht rosig aus. Alle wollten das Museum. Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) übernahm sogar die Schirmherrschaft. In die Herrichtung des Gesamtareals zu dem auch das Naturschutzgebiet Tagebaurestloch I gehört, flossen aus den verschiedensten Fördertöpfen rund 20 Millionen Mark Steuergelder. Doch als das große Rechnen begann, waren alle Jubler schnell abgetaucht. Keiner wollte die teure ,,Gertrud" haben. Ein schlüssiges Konzept zur Nachnutzung der Gebäude fehlte all die Jahre.

Von Jörg Wolf

Quelle: "OVZ vom 22.03.2001"

 

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